Ehrengäste: Henk van de Water und Frau van de Water |
Henk van de Water, 91jähriger Überlebender des KZ Dachau, reiste
eigens aus Holland an, um die Präsentation seiner Lebensgeschichte durch
holländische Schüler zu hören. „Henk erzählte uns, dass er nicht überlebt
hätte, wenn sich die Befreiung des Lagers noch einige Tage hingezogen hätte.“,
berichteten die Schüler. Van de Water hat glücklicherweise überlebt und nutzte
die Gelegenheit des Schlussworts, um seiner Frau eine öffentliche Liebeserklärung
zur bevorstehenden Goldenen Hochzeit zu machen
Noch weitere zwölf Lebensgeschichten von Häftlingen des KZ
Dachau präsentierten Teilnehmer des Gedächtnisbuchprojekts am 22. März in der
Kirche des Karmel Heilig Blut in Dachau. Annegret Braun von der Geschichtswerkstatt
im Landkreis Dachau erzählte über den Beginn ihrer Recherchen: „Ich komme aus
Sulzemoos wie Jakob Hartmann und habe bei meinen Recherchen über ein anderes
Projekt immer wieder gehört: „Da war einer, der hat im Wirtshaus etwas gegen
den Nationalsozialismus gesagt und der kam dann nach Dachau.““ Hartmann trat schon
vor der Machtergreifung gegen die Nazis ein: Er störte mit Josef Baumgartner,
dem späteren bayerischen Landwirtschaftsminister, nationalsozialistische
Versammlungen. „Mit Jakob Hartmann haben wir wieder einen Häftling gefunden,
der in den Unterlagen des Archivs der Gedenkstätte nicht erfasst war. Es gibt aber noch viele andere Menschen, die in
Vergessenheit geraten sind. Ihre Biografien zu erforschen, wird auch in Zukunft
unsere Aufgabe sein.“, fasste die Referentin zusammen.
Max Günther, in der Nachkriegszeit sehr engagiert in der
Gedenkstätte in Dachau, stand im Mittelpunkt des Vortrags von Sophia Maier. Die
Studentin aus Augsburg schrieb ihre Biographie für das Gedächtnisbuch als
Abiturientin am Ignaz-Taschner-Gymnasium. Der von ihr porträtierte Max Günther
arbeitete 1933 bei MAN in Nürnberg. Seine Widerstandstätigkeit führte bereits
1933 zu einer ersten Verhaftung: Günther organisierte verbotene Treffen der KPD
und druckte und verteilte Flugblätter gegen die Nazis. Ein Gericht sprach ihn
wegen Mangels an Beweisen frei. Doch bereits im Herbst des Jahres folgte die
zweite Verhaftung und viele Jahre KZ-Haft. Gesundheitlich schwer angeschlagen
überlebte Max Günther. Spätfolgen der Lagerzeit waren körperliche und seelische
Leiden.
Häufig telefoniert Christina Kranz, Abiturientin am
Josef-Effner-Gymnasium, mit Otto Schimmel. Der aus Ungarn stammende jüdische
Holocaust-Überlebende lebt in den Vereinigten Staaten und wäre gerne zur Präsentation
angereist, gesundheitliche Gründe hinderten ihn daran. 1944, nach der Besetzung
Ungarns, geriet die Familie Schimmel in die deutsche Vernichtungsmaschinerie:
Seine Mutter, seine Schwester und seine Großmutter wurden in Auschwitz
ermordet. Otto Schimmel überlebte Auschwitz und das Dachauer Außenlager
Mühldorf. Noch heute berichtet Schimmel in Schulen über seine Erlebnisse
während des Holocaust. Denn wie er sagt: „It could happen again.“
Klaus Schultz, Diakon der Versöhnungskirche, brachte in
seiner Ansprache die Gefühle vieler Veranstaltungsbesucher auf den Punkt: „Wir
können das Gehörte aber auch zurücklassen – uns anderen Dingen widmen. Die
Menschen, die man in die Konzentrationslager verschleppte, können ihre
Geschichte nicht zurücklassen – nicht einfach wegstellen und sich nicht mehr
mit ihr beschäftigen. Diese Vergangenheit ist ihre Gegenwart. Nicht immer, aber
doch sehr oft.“
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