Dienstag, 12. Mai 2015

Dokumentation: Begrüßung von Oberbürgermeister Florian Hartmann am 2.5.2015




Verehrte Zeitzeugen,
verehrter Abba Naor,
sehr geehrter Herr Romani Rose,
sehr geehrte Gäste,


ich darf Sie als Oberbürgermeister der Stadt Dachau im Namen der Stadt und der Dachauer Initiative Mahnmal Todesmarsch zur Gedenkfeier am Todesmarsch-Mahnmal herzlich begrüßen.


Ich bin beeindruckt und bewegt, dass anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau so viele Menschen an dieser Gedenkfeier teilnehmen. Und ich bin dankbar dafür, dass wir in diesem Jahr so viele Überlebende aus so vielen Ländern Europas und der Welt hier in Dachau begrüßen dürfen. Ganz besonders begrüßen darf ich an dieser Stelle Abba Naor, der im Anschluss zu uns sprechen wird. Ihre Anwesenheit, verehrte Zeitzeugen, ist für uns eine große Ehre; zugleich ist sie ein Geschenk, da sie uns Nachgeborenen die Möglichkeit gibt, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen und ihren Leidens- und Lebensgeschichten kennenzulernen; Ihre Anwesenheit ist für uns aber auch Verpflichtung, Verpflichtung, Ihre Geschichte und Ihr Vermächtnis in die Zukunft zu tragen und dafür zu sorgen, dass sie niemals vergessen werden.

Es ist in diesem Sinne ein sehr schönes Zeichen, dass sich an der heutigen Gedenkfeier auch Schülerinnen und Schüler des Josef-Effner-Gymnasiums Dachau mit einer Lesung beteiligen, die ich mit den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern ganz herzlich begrüßen darf.
Mein besonderer Gruß gilt auch Herrn Romani Rose, dem Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, der ebenfalls im Anschluss zu uns sprechen wird.
Musikalisch umrahmt wird die Gedenkfeier von der Familie Huber-Ewald und vom Chor „Valentin Polansek“ unter der Leitung von Bozo Hartmann aus dem slowenischen Obirsko, das nahe der Dachauer Partnerstadt Klagenfurt liegt. Der Chor wurde von Valentin Polanšek, selbst Überlebender des KZ Dachau, gegründet und steht bis heute in der Tradition des slowenischen Chores im KZ Dachau, dessen Lieder zu den wichtigsten Widerstandsaktionen der Kärntner Slowenen gehörten.
Es ist mir eine ganz besondere Freude, dass wir neben dem Chor auch politische Repräsentanten aus nahezu allen Dachauer Partnerstädte begrüßen dürfen. So die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Klagenfurt Dr. Maria-Luise Mathiaschitz, den Bürgermeister der Gemeinde Renkum in den Niederlanden Jean Paul Gebben, den Bürgermeister der Gemeinde Oradour-sur-Glane in Frankreich, Philippe Lacroix, sowie Stadträte aus dem italienischen Fondi und aus dem polnischen Oswiecim. Eine ganz besondere Ehre für die Stadt Dachau ist die Anwesenheit von Robert Hebras, Überlebender des von der Waffen-SS verübten Massakers von Oradour-sur-Glane am 10. Juni 1944.

Verehrte Zeitzeugen,
sehr geehrte Damen und Herren,


wenn wir heute hier am Mahnmal gemeinsam der Toten des Todesmarsches gedenken – auf den die SS wenige Tage vor der Befreiung Ende April 1945 mehr als zehntausend Häftlinge trieb, die zu tausenden auf diesem Marsch vor Entkräftung und Krankheit zu Tode kamen, erschossen oder erschlagen wurden – so müssen wir uns auch 70 Jahre nach der Befreiung des KZ Dachau unermüdlich immer wieder in Erinnerung rufen, was damals in Europa, in Deutschland, hier in Dachau geschehen ist. Wenn wir von 6 Millionen ermordeten Juden sprechen, von 40.000 ermordeten Häftlingen im KZ Dachau, von tausenden von Toten auf dem Todesmarsch sprechen, so sollten wir uns vergegenwärtigen: jeder einzelne der Ermordeten war ein Mensch mit einer Geschichte wie wir, einem Leben, das gelebt hätte werden können, wie das unsere, mit einer Familie, die ihn liebte und die er liebte, wie wir unsere Familien lieben. Ausgelöschte Leben, vernichtet nur aufgrund einer Religion, einer politischen Haltung, einer Herkunft.

Wir können es uns kaum vorstellen, so wie wir hier zusammen sind, friedlich, gleichberechtigt, Menschen aus so vielen Ländern, so unterschiedlicher Religion und Herkunft. Es ist oft die Rede von Versöhnung. Ja, es gibt Versöhnung – aber nein, Versöhnung darf nicht vergessen heißen.
„Nie wieder“, so lautet der Appell der Überlebenden des Konzentrationslagers Dachau. „Wachsam sein“, das muss uns dabei bewusst bleiben. Ihnen, den Überlebenden, möchte ich als ein junger Oberbürgermeister dieser Stadt persönlich und aus tiefstem Herzen versichern: Die Stadt Dachau wird alles daransetzen, Ihren Appell und Ihren Auftrag in die Zukunft weiterzutragen.

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