Text und Bild: Thomas Nowotny
Ein besonderes Programm an einem besonderen Tag, dem 4. Mai
2015: Am Vortag der Befreiung vom Faschismus vor 70 Jahren wird überall in den
Niederlanden an die Opfer des Naziterrors erinnert. Mit meiner Frau besuche ich
zuerst die Ausstellung „Geen Nummers maar Namen“ im Amsterdamer
Widerstandsmuseum, dann die zentrale Gedenkfeier zum nationalen Totengedenken
mit unglaublich vielen Menschen auf dem Dam und schließlich das „Theater na de
Dam“: Schülerinnen und Schüler, die Häftlingsbiographien erstellt haben, treten
gemeinsam mit Überlebenden auf, unterstützt von einem Moderator und zwei
Musikern. Wie heutzutage in fast jedem Theaterstück, ist auch ein kurzer Film
Teil der Aufführung. Obwohl wir mangels Sprachkenntnissen leider nicht alles
verstehen können, ist die ausverkaufte Vorstellung absolut beeindruckend.
Aus der Rede der Ravensbrück- und Dachau-Überlebenden
Willemijn Petroff-van Gurp:„Dies ist eine Lektion aus dem Lager, die ich gerne
weitergeben möchte: Mach keinen Unterschied. Urteile nicht nach der Oberfläche
und urteile nicht zu schnell. Es ist besser, Fragen zu stellen und zu
versuchen, die andere Person zu verstehen. Im Widerstand und im Lager habe ich
nicht nur gelernt, für Ideale einzustehen, sondern auch, wie wichtig es ist, in
der Freundschaft treu zu sein. Für einander da zu sein.“
In bewegenden Worten schildert sie die Wärme und Fürsorge,
die sie unter den Extrembedingungen des KZ von ihren Freundinnen erfuhr, ohne
die sie wahrscheinlich nicht überlebt hätte.
„Diese und andere Ereignisse haben mir gezeigt, dass alle
Menschen gleich sind. Der wirkliche Wert liegt nicht im Rang oder Stand,
sondern im Herzen. Auch das ist eine Lektion aus dem Lager, die ich gerne
weitergeben möchte.“
Diese unglaubliche Kraft und Herzenswärme, die so oft bei
der Vorstellung der Biographien für das Gedächtnisbuch und besonders bei
Ansprachen der ehemaligen Häftlinge zu spüren ist, wirkt auf alle im Saal. Und
so ist auch die Botschaft des Abschlussliedes sehr authentisch: „Du bist nicht
allein“. Viel Schreckliches haben die jungen Biographen von den alten
Häftlingen erfahren, doch niemand wurde alleingelassen. Danke an Sabine
Gerhardus und Jos Sinnema für dieses wunderbare Projekt!
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