von Sabine Gerhardus
Die junge Französin Johanna Mollard (21), zurzeit Praktikantin am
Josef-Effner-Gymnasium Dachau und beim Bezirksheimatpfleger von Oberbayern
Norbert Göttler, schreibt ein Gedächtnisblatt über ihren Urgroßvater Marceau
Mollard. Er wurde 1944 ins KZ Dachau verschleppt und starb kurze Zeit später im
KZ Mauthausen.
Johanna Mollard befindet sich seit 6. Juli auf Einladung von
Lydia Thiel, Lehrerin in Petershausen, im Praktikum bei Bezirksheimatpfleger
Norbert Göttler und am Josef-Effner-Gymnasium. Lydia Thiel ist seit Jahren für
die Organisation der Partnerschaft zwischen Petershausen und Varennes aktiv und
engagiert sich zudem als Ortschronistin. Am Donnerstag, den 16.7.2015, wurde
die französische Praktikantin Johanna Mollard von Landrat Stefan Löwl in Dachau
offiziell begrüßt.
Seit 7 Jahren ist Johanna Mollard beim Jugendaustausch der
Partnergemeinden Petershausen und Varennes-en Argonne aktiv. Mit 14 Jahren war
sie zum ersten Mal dabei. Sie hat inzwischen ausgezeichnet Deutsch gelernt und
pflegt gute Freundschaften mit der Petershausener Jugend. Für die junge Frau,
die selbst aus dem Nachbarort von Varennes, Clermont-en-Argonne, stammt, hat die
Gemeindepartnerschaft und der Jugendaustausch eine ganz besondere Bedeutung: Am
29.7.1944 war es im Ortszentrum von Clermont zu einem Kampf zwischen einer
Gruppe von Widerstandskämpfern und den deutschen Besatzern gekommen, in dessen
Verlauf auch einige Deutsche verletzt wurden und einer starb. Am nächsten Tag
übten die Deutschen grausame Rache. Sie verschleppten 100 Männer aus dem 800
Seelen zählenden Ort in Gefängnisse und Konzentrationslager. Johannas
Urgroßvater, Marceau Mollard, war einer von 30 Männern, die ins KZ Dachau
gebracht wurden. Bald darauf starb er im Konzentrationslager Mauthausen.
Marceau Mollard (Foto: privat) |
Johanna Mollard erzählt, weshalb sie sich für den
Jugendaustausch stark macht: „Ich will vermeiden, dass so etwas wieder
passiert. Wenn man miteinander spricht, ist man sich nicht mehr fremd. Man
wird, im Gegenteil, zu Freunden.“
Die schreckliche Geschichte von Clermont war viele Jahre
lang tabuisiert. Die Erinnerung ist bis heute schmerzhaft, besonders für die
älteren Leute. Lydia Thiel erzählt, dass auch sie und ihre engagierten
Petershausener Mitstreiter bis vor einem Jahr nichts davon gewusst haben,
obwohl sie sich bei jedem ihrer jährlichen Besuche intensiv mit der Geschichte
von Varennes auseinandergesetzt hätten. Zu den regelmäßigen Besuchen gehörten
meist auch Exkursionen in die eingestürzten Stellungsgräben aus dem Ersten
Weltkrieg bei Vauquois, einer kleinen Ortschaft zwischen Varennes und Clermont.
Nun hat Lydia Thiel Johanna nach Petershausen eingeladen,
ihr einen Praktikumsplatz beim Bezirksheimatpfleger und im Effner-Gymnasium
vermittelt und den Kontakt zum Gedächtnisbuch hergestellt. Sie unterstützt
Johanna tatkräftig bei der Recherche nach deutschen Dokumenten über den
Urgroßvater, begleitet sie in die KZ-Gedenkstätte und wird mit ihr zusammen ein
Gedächtnisblatt erstellen.
Wir freuen uns über dieses Engagement und wünschen Johanna
trotz der schweren Aufgabe, die sie sich vorgenommen hat, eine schöne
und erfolgreiche Zeit in Petershausen. Vielen Dank für diesen wertvollen
Beitrag zur Erinnerungsarbeit und zur französisch-deutschen Begegnung!
Clermont heute (Foto: privat) |
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